Wenn Touristen aus den USA oder Japan scharenweise den Johannisfriedhof besichtigen, liegt es sicherlich auch daran, dass dort unter anderem die großen Nürnberger Albrecht Dürer (beerdigt 1528), Veit Stoß (1533) und Hans Sachs (1576) ihre letzte Ruhe fanden. Spätes Mittelalter also – wie die meisten bekannten Nürnberger Denkmäler. Was in der Frankenmetropole allerdings fast völlig fehlt, sind Zeugnisse aus der Barockzeit. Während in anderen fränkischen Städten beschwingte barocke Baudenkmäler überall zu finden sind, begnügt sich Nürnberg gerade einmal mit der Egidienkirche und der Oberen Karlsbrücke samt Obelisk.
Das protestantische Nürnberg brauchte keinen barocken Glamour
Nürnberg gilt als mittelalterliche Stadt. Auch wenn im zweiten Weltkrieg die meisten Gebäude zerstört wurden, hat man doch – überwiegend gelungen – die alten Zeugnisse der freien Reichsstadt wieder aufgebaut. Nachdem die Noris relativ früh reformiert wurde, gab es keinen Bedarf an barocken Palästen für einflussreiche Fürstbischöfe. Eine kleine Ausnahme konnte sich allerdings behaupten: die barocken Gartenanlagen der Patrizier und der reichen Kaufleute. Ein grüner Gürtel entlang der Stadtmauer bot damals Raum für über 300 Bürgergärten, die unterschiedlich genutzt wurden. Neben vielen Kräuter-, Obst- und Gemüsegärten, die ursprünglich noch innerhalb der Stadtmauern angelegt waren, begannen wohlhabende Bürger, reine Schmuckgärten anzulegen. Maßgeblich von Italien beeinflusst, wie sie Nürnberger Kaufmannsfamilien bei ihren Reisen in den Süden kennenlernten.

Die schön gepflegten Gärten sind ein Kleinod für Erholungssuchende.
Bild: Stadt Nürnberg/Christine Dierenbach

Die Gartenanlage ist architektonisch genau geplant.
Bild: Stadt Nürnberg/Christine Dierenbach
Italienische Gärten als Vorbild
Zwischen der Johannisstraße und der Hallerwiese sind einige der prächtigen Barockgärten erhalten gebleiben. Die berühmten historischen Hesperidengärten liegen nur wenige Schritte neben dem Johannesfriedhof direkt hinter den Häusern Johannisstraße 43 bis 47, ein weiterer kleinerer Barockgarten ist bei der Hausnummer 13 zu finden. Neben architektonisch genau geplanten Rasenflächen und Blumenbeeten, akkurat geschnittenen Buchshecken, Statuen und Wasserbecken pflegten einst die Gartenliebhaber dekorative Limonen-, Orangen- und Pomeranzenbäumchen. Diese sind auch verantwortlich für die Namensgebung der Gartenanlage: Nach der griechischen Mythologie bewachten die Hesperiden, Nymphen und Gärtnerinnen, in ihrem Garten einen Baum mit goldenen Äpfeln, die den Göttern ewige Jugend und Unsterblichkeit bescheren sollten. Herkules bewältigte eine seiner zwölf Arbeiten, indem er sie dennoch raubte. In Anlehnung an diese Sage wurden Zitrusfrüchte ihrer goldenen Schale wegen im 17. und 18. Jahrhundert von Gelehrten als Hesperiden bezeichnet.
Goldene Früchte sind dort zwar nicht mehr zu bewundern, die schön gepflegten Gärten sind aber nach wie vor ein Kleinod für Erholungssuchende und öffentlich zugänglich. Während der kleinere Barockgarten an der Johannisstraße 13 bereits 1965 wieder hergestellt wurde, schlossen sich in den 80er Jahren die Stadt und der engagierte Bürgerverein St. Johannis zusammen, um die drei Gärten bei den Nummern 43 bis 47 wieder herzurichten. Dort befinden sich, jeweils mit Gartenterrasse, auch ein Lokal mit Weinstube sowie ein schönes Café, das derzeit allerdings noch nicht betrieben wird. Ein Besuch bei den Hesperiden verspricht auf alle Fälle einen für Nürnberg ungewohnten barocken Charme.