Der traditionsreiche Familienbetrieb Klavier Kreisel aus dem Großraum Nürnberg-Fürth-Erlangen geht heuer in sein 160. Jahr. Es sind nur noch sehr wenige Firmen zu finden, die sich so lange einem speziellen handwerklichen Gewerbe verschrieben haben. Umfassendes Know-how, viel Liebe zur Materie und jede Menge Einfühlungsvermögen in das Wesen der unterschiedlichen Instrumente und die Bedürfnisse des Kundenstamms haben diesen Erfolg ermöglicht.
Text: Till Ochner Titelbild: Stefan Minx/Fotoheimat
Mit Klavieren und Flügeln ist es wie mit Immobilien: Objekte dieser Preisklasse kauft man nicht jeden Tag. In der Regel sind es einmalige Anschaffungen im Leben, die über Jahrzehnte und Generationen Freude bereiten und Bestand haben sollen. Musikfreunde, die in diesem Fall relativ viel Geld in die Hand nehmen, müssen sich völlig auf den „Klavierhändler ihres Vertrauens“ verlassen können, auf seine Beratung, auf das perfekt passende Instrument und auf einen zuverlässigen Service. Auch für die Zukunft. Auf diese Zuverlässigkeit konnten sowohl Hobby-Klavierspieler als auch Profi-Pianisten seit 160 Jahren in Franken vertrauen.
Vom 19. ins 21. Jahrhundert
Ursprünglich stammt Klavier Kreisel aus der Frankenmetropole Nürnberg. Firmengründer Konrad Kreisel bekam 1864 vom Rat der Stadt Nürnberg die Lizenz, als selbständiger Klaviermacher zu arbeiten. Am Dötschmannsplatz entstand ein „Pioanofortemagazin“ mit Modellen vieler Klavierfabriken, das rasch über die Grenzen von Franken bekannt wurde. Als zweite Generation übernahm Sohn Jean Stefan 1900 das Unternehmen und wurde durch die perfekte handwerkliche Betreuung der Flügel auf der Nürnberger Burg zum Hoflieferanten ernannt. Sein Sohn Konrad begann nach Ende des 1. Weltkriegs mit eigener Produktion am Standort Geuderstraße in Nürnberg-Schoppershof. Während der Weltwirtschaftskrise musste die Produktion zwar auf Eis gelegt werden, ein neues Aufblühen von Piano Kreisel brachte jedoch der Umzug an den Hauptmarkt 1936. Nach der völligen Zerstörung des Geschäftes beim Bombenangriff im Januar 1945 bauten Konrad Kreisel und sein Sohn Kurt die Firma 1948 in Fürth wieder auf. Zuerst in der Blumenstraße, später in der Rudolf-Breitscheid-Straße. Nach dem Tod Konrads führte Kurt gemeinsam mit seiner Mutter Margarete das Geschäft weiter. Als fünfte Generation übernahm 1996 Kurts Sohn Werner Kreisel die Leitung, starb allerdings bereits drei Jahre später, so dass seine Frau Sylvia dem Betrieb vorstand. Gemeinsam mit ihrem Sohn, Klavierbaumeister Thomas Kreisel, leitet sie heute das Klavierhaus, das seit 2016 an der Schwabacher Straße ansässig ist.
Sylvia und Thomas Kreisel.
Bild: Stefan Minx/Fotoheimat
Reparaturen werden in der eigenen Werkstatt durchgeführt.
Bild: Stefan Minx/Fotoheimat
Das perfekte Instrument finden
Eine ehemalige Brauerei bietet dort nach einem Umbau auf rund 1.000 Quadratmetern großzügige Räume in einem tollen Ambiente. So ist es Kreisels möglich, neben der Verwaltung und Werkstatt nicht weniger als 150 Tasteninstrumente vorführbereit zu präsentieren. 100 Klaviere und Flügel sowie 50 Digitalpianos stehen zum Anspielen zur Verfügung. Sylvia Kreisel: „Es ist mir wichtig, jeden Kunden in seiner Einzigartigkeit wahrzunehmen, seine Bedürfnisse zu verstehen und umzusetzen, damit ein Klavier ein Leben lang Freude macht. Noch immer ist es für mich jedes einzelne Mal eine schöne und interessante Herausforderung, beim Klavierkauf die perfekte Lösung zu erarbeiten.“ Ganz ähnlich sieht es auch Sohn Thomas: „Ich sehe meine Leistungen nicht als Produkte, die verkauft werden, sondern als Lösungen, die Kunden begeistern und vor allem helfen sollen.“ Diese individuelle Beratung wissen auch Opernhäuser und Theater, Rundfunk- und TV-Studios sowie Hochschulen und viele andere Kulturträger zu schätzen.
Ausbildungsbetrieb für qualifizierten Nachwuchs
Neben Sylvia und Thomas Kreisel sorgen derzeit acht weitere Fachkräfte im Klavierhaus dafür, dass die Tastenfreunde in der Metropolregion bestens versorgt werden. Als Werkstatt- und Ausbildungsleiter kümmert sich Klavierbaumeister Thomas dabei um den beruflichen Nachwuchs. Regelmäßig können dort junge Menschen, die handwerklich begabt sind, ein gutes Gehör haben und gern Klavier spielen, den exklusiver Beruf des Klavierbauers erlernen.
Ausstellungshalle als Event-Location
Die perfekte Akustik der großen Ausstellungshalle können jedoch auch Nicht-Klavierspieler genießen. Ebenfalls regelmäßig, meist sechs Mal im Jahr, können sich Besucherinnen und Besucher ein akustisches Bild davon machen, wie gut die Kreisel-Instrumente klingen: Bei Musikveranstaltungen, zu denen in die Firmenräume eingeladen wird. Wie beispielsweise am 10. März 2023, wenn Béatrice Kahl und Gaby Schenke mit „Voyage“ auf eine musikalische Reise von Jazz bis Soul gehen. Oder am 22. April 2023, wenn Jermaine Landsberger mit seinem Jazz-Trio zu Swing, Jazz und Funk am Gypsy-Piano verbindet.