Es waren einmal zwei junge Männer, die gemeinsam in einer Nürnberger Disco jobbten. Sie waren beide noch sehr jung – aber alt genug, um schon mit alkoholischen Getränken hantieren zu dürfen. Am Tresen verwöhnten sie vor sechs Jahren als flinke Barkeeper ihre Gäste, sich selbst allerdings nicht, da sie nach ihrem Dienst am frühen Morgen noch kilometerweit nach Hause fahren mussten. Ihre regelmäßige Tätigkeit mit Hochprozentigem weckte allerdings ihre mehr oder weniger theoretische Neugier für ein ganz besonderes Wässerchen, für Gin.
Text: Till Ochner Bilder: HerzoGin
Gin, dieser farblose Schnaps mit Wachholder, der seinen Namen vom französischen „Genévrier“ für Wachholder hat, gilt wegen seiner Herbheit bei vielen Konsumenten nicht gerade für den reinen Genuss, wenn er pur getrunken wird, ist aber traditionell eine hervorragende Basis für Mixgetränke. Und so war es vor allem der Gin, der bevorzugt als „Gin Tonic“ von den beiden jungen Barkeepern gemixt wurde. Da bei der Herstellung von Gin weit über 100 unterschiedliche Zutaten fürs richtige Aroma möglich sind, ist die Auswahl riesig und es werden um die 1.000 verschiedene Sorten auf dem Markt angeboten. Was jedoch Nicolas Büttner aus Herzogenaurach und Flavius Decker aus Zirndorf – so heißen unsere fränkischen Bar-Jobber – fehlte, war ein regionaler Gin mit allen Standort- und Qualitätsvorteilen.
Regionale Herausforderung
Nachdem die Fränkische Schweiz mit ihren vielen Wacholderbüschen und duftenden Wildkräutern auf sonnenbeschienenen Hängen mit kargem Magerrasen zwischen Kalksteinfelsen fast vor der Haustür liegt, experimentierten die beiden Freunde dann auch mit diesen regionalen Zutaten. „Eigentlich waren wir branchenfremd. Flavius ist Immobilienmakler mit eigener Firma, und ich arbeite als Mechatroniker an der Uni. Das Kreieren eines eigenen fränkischen Gins war für uns aber von Anfang an nicht nur Hobby, sondern eine echte Herausforderung“, erzählt Nicolas. „Natürlich gab es viele Fehlversuche, wir mussten unsere Kreationen immer wieder wegschütten. Mit der passenden Kombination aus Wacholder, Wiesenkräutern und anderen einheimischen Zutaten stimmte jedoch auf einmal die Mischung für einen milden und gleichzeitig aromatischen Franken-Gin.“ Schnell war auch der passende Name für den regionalen Gin gefunden: Die „Herzogin“ – das pfiffige Wortspiel aus Herzogenaurach (mit der beliebten Abkürzung „Herzo“) und Gin – war geboren.
Qualität statt Quantität
Das ausgesprochen schmackhafte und hochwertige Erzeugnis der beiden Schnapsmacher befeuerte natürlich den Wunsch nach einem eigenen Label. Dazu gehört neben dem richtigen Produkt bekanntlich auch die passende Vermarktung. So gründeten Nicolas Büttner und Flavius Decker 2020 trotz der Corona-Pandemie ihre eigene Firma, ein Designer kümmerte sich um den gelungenen und professionellen Auftritt, eine individuelle halbrunde Flaschenform sorgt für Exklusivität und Wiedererkennung. „Ganz wichtig waren uns aber immer die heimischen Zutaten und die handwerkliche Herstellung unserer wenigen Gin-Editionen“, erklärt Nicolas. „Qualität statt Quantität gilt konsequent bei unserem Gin. Wir beziehen unsere Zutaten von Kräuterherstellern aus der Region und lassen von traditionellen Familienbetrieben in der Fränkischen Schweiz brennen. Bei jedem Brand, bei dem wir persönlich vor Ort dabei sind und kontrollieren, werden nicht mehr als 100 Flaschen erzeugt. Aufwändig und in reiner Handarbeit etikettieren und signieren wir die Flaschen und versehen sie einzeln mit einem Siegelstempel.“
Herausforderungen
Auf unsere Frage nach dem Risiko für ein derartiges Start-up meinen die beiden Jungunternehmer: „Wir hatten etwa zweieinhalb Jahre Zeit für die Planung, erarbeiteten uns neben den Rezeptur-Versuchen ein stimmiges Konzept und konnten schließlich ohne Fremdfinanzierung vorsichtig loslegen. Dann kam Corona dazwischen und bremste unsere Aktivitäten. Da die Anfangsinvestitionen doch nicht unerheblich sind – allein schon das Leergut, die Glasflaschen mit der exklusiven Form, muss palettenweise eingekauft werden – konnten wir bisher praktisch noch keine Gewinne machen. Aber es geht vorwärts. Neben der hauptsächlichen Vermarktung durch unseren Onlineshop können wir aber auch einen begrenzten Lagerverkauf mit Testing bei uns in Herzogenaurach anbieten, und in etlichen Supermärkten in der Region sind wir mit unseren limitierten Produkten inzwischen auch schon vertreten. Ganz aktuell gibt’s bei uns sogar einen Spezial-Adventskranz mit vier schmackhaften Kerzen: 4 Sorten Herzogin zum Kennenlernen, allerdings ebenfalls limitiert auf 100 Exemplare.“ Wenn es bei Nicolas und Flavius mit ihrer „Schnapsidee“ so erfolgreich weitergeht, wird Herzogenaurach neben Adidas und Puma noch eine weitere Berühmtheit bekommen: die exklusive HerzoGin.