Text: Oliver Dürrbeck Bilder: Matthias Merz
Die Firma Ulbrich Spieledesign in Weisendorf bei Erlangen gibt es mittlerweile in der dritten Generation. „Gegründet hat das Unternehmen mein Opa. Er ist nach dem zweiten Weltkrieg aus Tschechien geflohen. Er ist in Deutschland in einem Auffanglager gelandet und hat in der Folge das Unternehmen gegründet. Anfangs hat er hauptsächlich Werbegeschenke hergestellt und beispielsweise Aufsteller für Bärenmarke oder HB angefertigt“, erzählt Geschäftsführer Gottfried Ulbrich.
Durch und durch Kaufmann
Nachdem die Firma einmal komplett abbrannte, wurde der Fokus auf die Schachbretter gelegt und die Werbeartikel verschwanden aus dem Sortiment. „Mein Großvater war ein sehr guter Geschäftsmann und hatte in seiner Heimat eines zu dem Zeitpunkt größten Kaufhäuser der Welt. Auf der Suche nach neuen Produkten hat er sich gefragt, was die Leute brauchen und in der Nachkriegszeit spielen würden. So ist er bei Schachbrettern gelandet, da die zu dem Zeitpunkt sonst niemand hergestellt hat. Selbst gespielt hat er nicht, genauso mein Vater, der zu dem Zeitpunkt auch in das Unternehmen eingestiegen ist“, blickt Gottfried Ulbrich zurück.
Weltmeister und Streaming-Dienste
Einen enormen Schub bekam der Familienbetrieb, als die US-Schachlegende Bobby Fischer 1972 in einem Jahrhundertmatch gegen den russisch-französischen Schachspieler Boris Spasski Weltmeister wurde. „Da der Amerikaner nur auf Ulbrich-Brettern gespielt hat, ist bei uns die Nachfrage durch die Decke gegangen. Ich kann mich noch erinnern, wie wir als Kinder abends bei einer Zusatzschicht zwei Jahre lang mitgeholfen haben, um genug Bretter produzieren zu können“, schwärmt Ulbrich.
Auch wenn sich das Schachspiel an sich über die Jahrtausende nicht wesentlich verändert hat, schaffen es die Weisendorfer, sich durch eigene Ideen, hohe Qualität und viele Liebe in der Produktion Alleinstellungsmerkmale aufzubauen. „Mein Vater hatte sogar zwei Patente. Wir waren beispielsweise die ersten auf der Welt, die Spiele magnetisch unter Holz gemacht haben. Das Furnier so dünn auf Metall zu bekommen, schafft in der Form auch heute kaum jemand. Außerdem haben wir als erstes die Kanten der Bretter abgerundet und durch außergewöhnliches Design bei den Spielekoffern Maßstäbe gesetzt“, erzählt Ulbrich stolz.
Beim Design spielt die Auswahl der Hölzer eine wesentliche Rolle. „Wer beispielsweise einen Backgammon-Koffer in Kirsche, Roseneiche oder pazifischer Eibe möchte, bekommt diese nur bei uns. Wir achten bei der Auswahl und der Herstellung auf höchste Qualität“, ergänzt Corinna Ulbrich, die die Furnierarbeiten handwerklich umsetzt. Auch eigene Spielfiguren werden aktuell entwickelt und sollen künftig in Deutschland gefertigt werden, um unabhängiger von Lieferanten zu sein.
Nur in Weisendorf und sonst nirgends auf der Welt sind übrigens auch schwarz-weiße Schachspiele erhältlich. Während andere Anbieter die dunklen Felder aufdrucken, werden hier die Bretter mit Einlagen aus schwarzer Elsbeere und weißem Ahorn angefertigt. Seit der Netflix-Serie „Das Damengambit“, in der auf einem schwarz-weißen Brett gespielt wird, verzeichnet das Unternehmen eine größere Nachfrage nach dem Brett.