It’s Gin o’clock

10. Juni 2020 | Taste

Es ist Samstag, die Temperatur kratzt an der 20-Grad-Marke. Eiswürfel gleiten klirrend ins kristallene Highballglas. Der Blick wandert zum Wohnzimmerregal und bleibt bei der Halbliterflasche Gin aus dem Schwarzwald hängen. Ein feiner Duft von Wacholder mit Noten von Zitrus umspielt die Nase während Tonic und Gurke aus der Küche geholt werden und der Nachmittag eingeläutet wird.
Das Ehepaar Romana Schemm und Manfred Gendsior betreibt seit 12 Jahren delikatEssen am Weinmarkt in der Nürnberger Altstadt. Es erwarten einen eine kulinarische Reise in die Welt der Gewürze, Öle, Weine und in wahrscheinlich eine der bestsortiertesten Auswahlen an Gins. Und Gin ist einer der Gewinner der jetzigen Situation.

EXCUDIT: Der Ginabsatz ist um 30 % nach oben gegangen.
Woher kommt die Faszination Gin?
MANFRED GENDSIOR: Gin ist ein außerordentlich vielfältiges Produkt von der geschmacklichen Ausrichtung her.Es gibt eigentlich keinen Gin der so schmeckt wie ein zweiter. Und in Kombination mit Tonic Water gibt es unzählige Variationen die es auszuprobieren gilt.

EXCUDIT: Wie viele verschiedene Gins habt ihr im Sortiment? Gibt es einen Favoriten?
MANFRED GENDSIOR: Wir haben im Sortiment um die 90 Großflaschen – 0,5 Liter und größer. Und um die 30 Miniatur im Bereich von 5 bis 20cl. Bei den verkauften Gins gibt es keinen eindeutigen Favoriten, da die Geschmäcker sehr unterschiedlich sind. Und persönlich spielt, wie so oft im Leben, der Geschmack der Frau eine große Rolle und weil wir meistens zuhause in Gesellschaft trinken ist es tatsächlich der Windspiel-Gin.

EXCUDIT: Auf den Philippinen wird der meiste Gin konsumiert. Habt ihr einen philippinischen Gin da bzw. welches ist euer Exot im Sortiment?
MANFRED GENDSIOR: Wir haben keinen philippinischen Gin im Sortiment, aber einen der sich mit dem Thema Südostasien beschäftigt – der Tarsier-Gin. Geschmacksgebend ist die philippinische Calamansi-Frucht, versetzt mit Thai-Basilikum, ingwerähnlicher Galangawurzel und Kampot Pfeffer. Der Gin kommt jedoch aus England.Unser Exot An Dulaman ist aus Irland, mit Meeralgen aus dem Atlantik als Bestandteil der Botanicals. Und über 74 Botanicals hat der Black Gin von Gansloser aus der schwäbischen Alb.

EXCUDIT: Wo liegen beim Gin die geschmacklichen Feinheiten und was bewirken Gurke und Zitrone?
MANFRED GENDSIOR: Es gibt fruchtbetonte Gins, Hybride aus Herbal und Frucht, aber auch Gins die sich eher auf Kräuter beschränken. Mancher Gin kommt mit gerade mal drei Botanicals neben dem Wacholder aus.I m Barbereich macht man häufig einen Gin-Cocktail statt eines Gin-Tonic. Hier werden noch andere Komponenten hinzugefügt, die zum Getränk harmonisch passen. Unreflektiertes Hinzugeben von Gurke oder Zitrone führt allerdings zu einer hochgradigen Veränderung des Geschmackes des Gins.

EXCUDIT: London Dry und Dry Gin sind sicher die bekanntesten Arten. Wo liegen die Unterschiede?
MANFRED GENDSIOR: Dies sind unterschiedliche Methoden der Herstellung. Die meisten Gins sind nicht gesüßt, somit dry. Die gesüßten Gins nennt man Old Tom Gins. Neben der Anzahl, Auswahl und Komposition der Botanicals ist auch der Grundalkohol entscheidend – in den meisten Fällen ein Getreidebrand.

EXCUDIT: Neben unzähligen Sorten Gin habt ihr auch verschiedene Tonics da. Auf was muss ich da achten?
MANFRED GENDSIOR: Mein Standardsatz in der Beratung heißt hier: Bitte möglichst viele verschiedene Tonics zu ein und demselben Gin probieren. Auch hier gibt es eher fruchtige Tonics oder herbale Sorten. Die Abstimmung bei den Bitterstoffen zur Süßung, bei der Milde bzw. Weichheit oder der Anteil der Kohlensäure. Am besten einfach viele probieren.

EXCUDIT: Ihr habt auch alkoholfreie Varianten von Gin im Sortiment. Ist das tatsächlich ein Ersatz?
MANFRED GENDSIOR: Das Wort Ersatz würde ich nicht verwenden, aber es erfreut sich doch einiger Beliebtheit. Bei den alkoholfreien Varianten wird mit Botanicals gearbeitet, wie beim Gin. Durch den fehlenden Alkohol als „Geschmacksverstärker“ kann natürlich nicht die gleiche Ausdruckskraft gebracht werden. Aber es ist durchaus eine spannende Geschichte.

EXCUDIT: Chinin gilt seit Jahrhunderten als Mittel gegen Malaria. Wäre dann Gin Tonic nicht etwas für Donald Trump? Zudem laut einer australischen Studie Gin&Tonic-Trinker ja auch als intelligenter gelten könnten.
MANFRED GENDSIOR: Da wir keinerlei medizinische Aussage machen dürfen, kann ich diese Frage so direkt nicht beantworten. Vom Grundsatz her Alkohol in Maßen genossen kann ich mir gut vorstellen die allgemeine Lebensfreude zu unterstützen. Neugier, Lust sich auf Neues einzulassen und sich stärker mit Dingen auseinanderzusetzen. Das ist etwas, was körperlich und geistig fit hält.

EXCUDIT: Heimat Gin hat jetzt ein Hand-Desinfektionsmittel herausgebracht. Riecht das dann nach Wacholder?
MANFRED GENDSIOR: Es riecht auch nach Wachholder und wir schauen im Laden in positiv überraschte Gesichter wenn unsere Kunden durch die Maske hindurch die verschiedenen Botanicals aufnehmen. „Oh, Desinfektionsmittel kann ja auch gut riechen.“

Weitere Beiträge lesen

Vegan fine Dining – Das Restaurant WONKA

Vegan fine Dining – Das Restaurant WONKA

Zzentral in St. Johannis gelegen, einem der ältesten Stadtteile Nürnbergs ist es seit 23 Jahren eine feste Größe, wenn es um Haute Cuisine in der Metropolregion Nürnberg geht.

etz Restaurant – Fermentation als kulinarisches Handwerk

etz Restaurant – Fermentation als kulinarisches Handwerk

Ein Blick in die Versuchsküche von Felix Schneider.
Das etz Restaurant in Nürnberg unter der Führung des Zwei-Sterne-Kochs Felix Schneider setzt auf regionale Zutaten aus der fränkischen Umgebung wie dem Nürnberger Reichswald und den Feldern des Knoblachslandes. Dabei entsteht eine Küche, die sowohl hohen kulinarischen Ansprüchen entspricht als auch der regionalen Tradition verpflichtet ist. Ein wesentlicher Bestandteil dieses kulinarischen Ansatzes ist die Versuchsküche des Restaurants, in der eine Vielzahl von fermentierten Produkten entwickelt wird.

Der Acker kocht. Restaurant HIO in Hilzhofen

Der Acker kocht. Restaurant HIO in Hilzhofen

Der Landgasthof Meier hat eine lange Tradition.
Die Anfänge gehen auf das Jahr 1868 zurück.
Seit 1998 setzt Michael Meier, in dritter Generation, mit seiner Frau Claudia neue Impulse in der Traditionsgaststätte. Gemeinsam entwickeln sie das Konzept einer zeitgemäßen regional verwurzelten Kochkultur permanent weiter.