Maisel & Friends – Zu Gast in der Bier-Erlebniswelt in Bayreuth

6. Oktober 2023 | People

Die Brautradition Ihres Unternehmens begann bereits im 18ten Jahrhundert. Maisel’s Weisse wurde schnell über die Grenzen Bayreuths und später auch über Deutschland hinaus bekannt und ist seit den 1950er Jahren weltberühmt. Eine dynamische Erfolgsgeschichte, die sich bis heute fortsetzt.

Text: Heike Aigner Titelbild: Matthias Schäfer

Welches ist das Erfolgsgeheimnis Ihrer Familie, was treibt sie an?

Jeff Maisel: Unser Motto bringt es gut auf den Punkt: „Pure Passion“. Leidenschaft, Pioniergeist und vor allem auch Mut, würde ich sagen – und das von Beginn an. Im Gründungsjahr unserer Familienbrauerei gab es bereits 90 Brauereien beziehungsweise Bäckereien in Bayreuth, denn früher haben nur Bäcker Bier gebraut. Immer, wenn es wieder frisches Bier gab, wurde der Stern rausgehängt. Seit den 1920er Jahren führen wir den Brauerstern im Unternehmenslogo und symbolisieren damit die Treue zur guten Tradition. 1887 hatten die beiden Brüder, Hans und Eberhardt Maisel, den Mut, vor den Toren Bayreuths eine eigenständige Brauerei ohne Bäckerei zu gründen. Das war damals ein Novum.
Die zweite Generation, die Söhne der beiden Brüder Fritz und Andreas Maisel, waren findige Tüftler, sie haben viel ausprobiert und das Bier haltbarer gemacht. Das Automobil hat das Pferdefuhrwerk ersetzt und so konnte das Bier über die Grenzen Bayreuths exportiert werden. Daher der Name „Exportbier“, aber natürlich noch nicht weltweit.
Die dritte Generation, mein Vater und mein Onkel, haben das Unternehmen nach dem Krieg weitergeführt. Hierzu gibt es eine schöne Anekdote: Während des Krieges hatte mein Vater die Idee, Glasscheiben zu kaufen, was für Verwunderung sorgte. Aber dank seiner Weitsicht konnte er die Brauerei nach dem Krieg schnellstmöglich wieder instand setzen und mit dem Brauen beginnen. Als der Ukraine Krieg anfing, fiel mir diese alte Geschichte wieder ein, denn auch für uns entstand das Risiko, möglicherweise nicht mehr Brauen zu können. Wir heizen mit Gas. So haben wir vorsorglich einen Dualbrenner für Gas und Öl angeschafft und einen Öltank gekauft, den wir bis jetzt, Gott sei Dank, nicht gebraucht haben. Es war eine Versicherung für die Brauerei. Dieses vorausschauende Denken, auch zu jedem Zeitpunkt die Verwobenheit mit der Brauerei und den Menschen, die dahinterstehen, zu spüren und Sorge zu tragen, dass es auch weitergeht, das zeichnet meine Familie von jeher aus. Ich schaue mir gern viel an. So entstehen immer wieder neue Ideen, die wir im Team diskutieren. Und wenn etwas zu uns passt, wird es auch konsequent umgesetzt.
In der vierten Generation stehen wir jetzt vor der Herausforderung, dass traditionelles Bier nicht mehr denselben Stellenwert hat wie früher. Neue Ideen sind gefragt. Dazu braucht es auch die Freiheit, von einer Generation zur anderen etwas verändern zu dürfen. Die wurde in unserer Familie immer gewährt. So ist auch das Craftbier entstanden. Bei allem, was wir tun, haben wir uns auf die Fahne geschrieben, es professionell zu machen. Darauf lege ich sehr viel Wert. Deshalb brauen wir Craftbiere auf einer topmodernen Anlage, gesteuert via iPad.

„Ich bin ein Freigeist.“

 

Ab 1999 führten Sie das Unternehmen zusammen mit Ihrem Cousin sehr erfolgreich in vierter Generation. Nachdem Ihr Cousin verstorben war, haben Sie die Brauerei allein weitergeführt. Sie haben ein großes Erbe angetreten und viel Verantwortung übernommen. Wie hat sich das angefühlt und wie haben Sie das angepackt?

Jeff Maisel: Die Frage kann ich nur philosophisch beantworten. Ich habe Verantwortung nie als Last gespürt, sondern hatte immer die Lust, es zu machen. Natürlich hatten Andreas und ich auch den Gedanken, die Brauerei zu verkaufen, wenn wir es nicht schaffen. Zum Wohle der Familie, der Belegschaft und der Marke. Wir haben uns dann 1999 auf die Agenda geschrieben, die Brauerei mit unserem Können und unserer Kernkompetenz, der Herstellung und dem Vertrieb von Bierspezialitäten, am Standort Bayreuth zu erhalten.
Bei allem, was wir tun, habe ich immer das Gefühl, die drei – mein Vater, mein Onkel und mein Cousin – passen dort oben auf uns auf. Ich weiß immer, wenn es nicht geht, dann kannst du auch verkaufen. Ein wunderschöner Rückhalt, aber ich würde den Schlüssel nie abgeben, außer, wenn es sein muss. Die Brauerei ist mein Leben..

Im Bier-Shop findet man die größte Bierauswahl Bayreuths. Auf 130 qm über 80 verschiedene Flaschenbiere. Darunter sind auch viele Marken befreundeter Brauereien aus ganz Deutschland.
Bilder: Matthias Schäfer

Mit der 2012 neu gegründeten Marke Maisel & Friends waren Sie einer der Pioniere für Craftbiere in Deutschland. Die Marke Maisel hingegen ist berühmt für Weissbier. Wie lassen sich die Tradition und die Werte der Marke Maisel’s Weisse mit dem Craftbier Sortiment vereinen?

Jeff Maisel: International sind Lager und Pils die gängigen Bierstile. Genaugenommen ist Weissbier von der Definition her schon eine Bierspezialität. Ein leichtes, günstigeres Bier, das unter Maisel’s Weisse Niveau liegt, hätte nicht zur Marke gepasst. Hingegen neue Geschmacksvarianten mit einem höherwertigen Anspruch zu entwickeln, war die richtige Idee. Wir haben sie sehr schnell moderne Bierspezialitäten genannt, und vertreiben sie seit 2012 unter der Marke Maisel & Friends. Dazu gehören Biere wie IPA oder Pale Ale. Die junge Generation möchte mehr ausprobieren, mit neuen Geschmacksrichtungen überrascht werden. Viele bevorzugen auch alkoholfreie Varianten. Unser alkoholfreies Craftbier ist aktuell unsere erfolgreichste Marke. Dabei brauen wir immer nach dem Bayerischen Reinheitsgebot mit den vier Inhaltsstoffen Wasser, Hopfen, Malz und Hefe.

 

Wie entstehen die unterschiedlichen Geschmacksrichtungen, wenn die Zutaten immer die gleichen sind?

Jeff Maisel: Durch die Brautechnik des sogenannten Hopfenstopfens, den Einsatz verschiedener Malze und Hopfensorten, traditionelle Brauverfahren wie die Edelreifung und viele Ideen mehr. Beim Hopfenstopfen, auch Kalthopfung genannt, wird der Hopfen im Kaltbereich nach der Hauptgärung zugegeben, wenn die Würze bereits abgekühlt ist. Dabei kommen die ätherischen Öle des Hopfens geschmacklich zum Tragen, ohne dass dabei zusätzliche Bitterstoffe abgegeben werden. Unterschiedliche Hopfensorten geben unterschiedliche Geschmacksnoten ins Bier, zum Beispiel auch Zitrusnoten. Wir mischen keine künstlichen Aromen oder Fruchtsäfte bei, wie das bei amerikanischen Craftbieren oft der Fall ist, die nicht nach dem Bayerischen Reinheitsgebot gebraut werden.

 

Sie haben Biersommeliers und veranstalten Bier-Tastings mit anderen Marken. Stellen die keine Konkurrenz für Sie dar?

Jeff Maisel: Wir möchten unseren Gästen Bier-vielfalt näherbringen, da wäre es etwas einseitig gedacht, nur unsere Biere anzubieten. Zu unseren etwa 26 Bieren können die Besucher unserer Gastronomie „Liebesbier“ aus circa 80 Bieren von befreundeten Familienbrauereien wählen. Am Anfang war das für viele ungewöhnlich, Produkte von der Konkurrenz aufzunehmen, aber wir sehen uns als offene Plattform und bieten Biere von den großen Familienbetrieben wie Veltins bis zur kleinen fränkischen Brauerei an. Wir sind offen, wir lieben Bier und wollen für die Gäste daraus auch ein Erlebnis machen.

 

Maisel & Friends steht nicht nur für Craftbiere, sondern auch für die Maisel’s Bier-Erlebniswelt. Welches Konzept steckt dahinter und wie hat sich das entwickelt?

Jeff Maisel: Als 1974 die alte Brauerei zu klein wurde, und wir in die neue, größere Brauerei nebenan umgezogen sind, wollte mein Großvater nicht mit. Der alte Teil war zwar stillgelegt, aber so konnten wir ihn nicht abreißen. Deshalb ist an dieser Stelle das Brauereimuseum entstanden, das man heute mit einer Führung oder Self-guided Tour besuchen kann. Das war der Anfang unserer Bier-Erlebniswelt.
In den verlassenen Kellerräumen unterhalb des Museums haben wir oft als Kinder gespielt. Als mein Cousin und ich älter wurden, hatten wir die Idee, dort eine Gastronomie zu errichten. Das haben wir mit dem Liebesbier 2016 umgesetzt. Unser Ziel ist es, aus dem historischen Stammhaus unserer Brauerei aus dem Jahr 1887 einen weltweit bekannten Bier-Hotspot zu machen. Es entwickelt sich gut, aber wir haben noch viel zu tun. Zusammen mit unserem Gastronomen Thomas Wenk, der auch als Ideengeber und Designer fungiert, war ich in vielen Ländern unterwegs, um Inspirationen zu sammeln. Allein in den USA haben wir entlang von Seattle bis San Diego 20 Brauereien und 60 verschiedene Gastronomiebetriebe besucht. Wir haben uns viel angeschaut, aber wir machen es auf unsere Weise. Ganz nach dem alten Slogan „Maisel’s Weisse, mach’s auf Deine Weise“.

 

Das Angebot auf dem Brauereigelände ist enorm groß. Es gibt sogar ein Hotel, ein Restaurant mit Bar, Veranstaltungs- und Konferenzräume, einen beachtlichen Shop und mit Crazy Sheep sogar eine Kaffeemanufaktur. Was hat Sie dazu bewogen, das Gelände in der Gänze auszubauen? Entwickeln Sie sich damit von dem eigentlichen Thema des Bierbrauens weg hin zum Gastronomen? Was ist der Plan dahinter? Und was kommt als nächstes?

Jeff Maisel: Ich bin Halbamerikaner, vielleicht liegt es daran, dass ich einfach gern in der Welt unterwegs bin. Auf Reisen entdecke ich vieles, was ich mir auch für Bayreuth gut vorstellen könnte. Wenn man eine Erlebniswelt verwirklichen möchte, muss man auch entsprechend Menschen für Maisel & Friends begeistern, um sie nach Bayreuth zu bringen. Wir wollen natürlich das Brauhandwerk zeigen, aber auch Handwerk in seiner Gesamtheit. Deshalb haben wir 2016 die Gastronomie Liebesbier eröffnet, in der möglichst vieles handwerklich selbst gemacht wird. Es gibt zum Beispiel einen Reifeschrank für Fleisch, wir bereiten unsere Hauslimonaden immer frisch zu und backen jeden Morgen unser Brot in unserer kleinen Backstube. Zu ehrlichem Handwerkserlebnis gehört auch das Thema des Kaffeeröstens, bei dem die Besucher der Crazy Sheep KaffeeManufaktur ebenso live zusehen können, wie beim Bierbrauen. Das 2022 eröffnete „Liebesbier Urban Art Hotel“ war die logische Konsequenz zu Restaurant, Veranstaltungs- und Konferenzräumen. So kommt das eine zum anderen. Wir glauben auch daran, dass wir es schaffen, die Leute hierher nach Bayreuth zu bringen, sie von unserem Brauereigelände und der Idee hinter Maisel & Friends zu begeistern. Dabei geht es nicht darum, unser Bier an den Mann oder die Frau zubringen, sondern um Genuss, Erlebnis, Geselligkeit. Dazu vielleicht ein Bier-Tasting zu erleben oder einfach im Liebesbier Restaurant gut zu essen und im Hotel wunderbar zu schlafen.

 

Was hat es mit der Marke „Liebesbier“ auf sich?

Jeff Maisel: Auf einer Autofahrt mit unserem Gesellschafter und Gastronom Thomas Wenk haben wir über den Namen für das Restaurant nachgedacht. Da kam uns die Idee zu „Liebesbier“, zunächst haben wir sie verworfen, weil zu weiblich und zu lieblich. Es gab sehr viel Widerstand im Unternehmen, aber wir haben daran geglaubt und sind dabei geblieben. Manche Dinge müssen reifen. Und jetzt ist Liebesbier ein Begriff und hat auch ein eigenes Logo bekommen. Die Hopfendolde mit Herz ziert jetzt die gesamte Ausstattung der Gastronomie und des Urban Art Hotels.

 

Street-Art-Kunst war schon in der Generation vor Ihnen ein Thema, als eine der Gebäudewände von einem Graffiti Künstler verschönert wurde, zu einer Zeit als das noch nicht en vogue war. Wie kam es damals dazu?

Jeff Maisel: Mein Vater hat aus der Not eine Tugend gemacht. Die große Backsteinwand entlang unseres Geländes am Mistelbach wurde immer wieder von Sprayern bearbeitet. Um das zu vermeiden, hat er damals eine Fläche öffentlich zur Verfügung gestellt und sie wird auch heute immer noch „gepflegt“. Das Handwerk der Street-Art-Kunst haben wir dann auch als prägendes Thema für das Hotel ausgewählt. Alle 67 Zimmer und die Außenflächen des Liebesbier Urban Art Hotel wurden von 70 Künstlern aus 30 Ländern gestaltet. Das war eine schöne Zeit und eine wahnsinnig kreative Atmosphäre, als so viele verschiedene Künstler wochenlang bei uns zu Gast waren. Viele interessante Gespräche und Ideen sind entstanden. Wenn ich nicht unterwegs sein kann, hole ich gern die Welt nach Hause.

Jeff Maisel auf der Treppe - Excudit | Kulturmagazin für Nürnberg und die Metropolregion

Jeff Maisel vor dem Streetart Kunstwerk von Seth Globalpainter auf dem Brauereigelände.
Bilder: Matthias Schäfer

Jeff Maisel - Excudit | Kulturmagazin für Nürnberg und die Metropolregion

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