Unternehmerin, Buchautorin, Mama:
Nicole Kobjoll ist eine vielseitige Powerfrau, die es gemeistert hat, Kind und Karriere unter einen Hut zu bringen und ihr
Unternehmen unbeschadet durch die Krise zu führen.
Was ihr Erfolgsrezept ausmacht, das hat uns die Inhaberin vom
Hoteldorf Schindlerhof in Nürnberg-Boxdorf im
Interview verraten.
Text: Christina Kaiser Bilder: Tembo
Excudit: Frau Kobjoll, im Schindlerhof wird ja eine ganz besondere Unternehmenskultur gelebt: „Heart work statt hard work“. Was macht diesen Führungsstil aus?
Nicole Kobjoll: (Lacht). Es ist kein Führungsstil. Es ist eher ein Lebensgefühl, das wir in unsere Unternehmenskultur integrieren.
Und wie können sich die Leser dieses Lebens- gefühl vorstellen?
Nicole Kobjoll: Wir sind ein visionsgeführtes Unternehmen. Das bedeutet: Unsere Vision leitet unser Handeln und ist klar formuliert: Wir verstehen uns als eine Pilgerstätte für Herzlichkeit und zugleich als Talentschmiede. Dabei geht es uns allen um die gleiche Sache – unsere Gäste zu begeistern und uns selbst immer weiter zu entwickeln. Das verbindet uns. Wir haben dadurch alle ein Gefühl von Freude und großer Sinnhaftigkeit unseres Tuns – nicht von ARBEIT im klassischen Sinne! Es geht also vielmehr um LUST statt LAST. Es geht darum, den SINN in der Arbeit zu spüren.
Kann man sich das Team im Schindlerhof dann wie eine große Familie vorstellen?
Nicole Kobjoll: Nein, eine Familie ist etwas anderes. Aber wir haben etwas gemeinsam mit der Familie – ein Ort, an dem man SINN erfahren kann. Wir haben ein tolles Team – viele sind freundschaftlich miteinander verbunden – und uns eint unsere Leidenschaft für Gastfreundschaft. Wir setzen uns auch gemeinsam Ziele und feiern Erfolge. Wir töten auch gemeinsam Drachen! Sprich: Wir lösen Probleme gemeinsam.
Nicole Kobjoll
Bild: Sebastian Krappe
Im Lockdown entstehen viele neue Ideen im Schindlerhof. Verbunden ist Nicole Kobjoll in dieser Zeit mit ihren Mitarbeiter:innen über die Mitarbeiter-App.
Bild: Tembo
Das hört sich spannend an. Passt denn aus Ihrer Sicht jeder in dieses Team?
Nicole Kobjoll: Ich sage mal so: Es ist wie bei dem Spruch von Antoine de Saint-Exupéry: „Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer.“ Dazu braucht es SEELEUTE. Wir haben einen Einstellungsfilter um die „Seeleute“ unserer Branche herauszufiltern. Leute, die Lust haben auf eine Arbeit mit vielen Freiheiten, in einem Team, das freundschaftlich miteinander verbunden ist, das Werte teilt und sich von diesen leiten lässt. Übrigens haben wir das Wort Personal noch nie benutzt. Wir sprechen von HUMAN STARS anstatt von Human Resources – denn jeder Stern ist einzigartig. Dieses Strahlen, diese Motivation und Begeisterung für eine sinnhafte Arbeit ist es, was den Unterschied ausmacht zu einer Arbeit, der man nur nachgeht, um Brötchen zu verdienen. Sich durch die Woche zu schleppen und das Wochenende herbeizusehnen – das verstehe ich nicht als sinnerfüllte Arbeit.
Was sind Ihre weiteren Erfolgsrezepte?
Nicole Kobjoll: Wir reflektieren uns täglich. Wir tauschen uns mittels unserer Mitarbeiter-App aus.
Dadurch prüfen wir, ob wir unsere Unternehmenskultur am jeweiligen Tag gelebt haben. Ob wir unsere Ziele erfüllt haben. Aber auch, ob es Probleme gibt. Wir leben eine große Transparenz, dadurch lassen sich Probleme schnell aus dem Weg räumen.
Alle vier Jahre überprüfen wir im ganzen Team unsere komplette Unternehmenskultur. So wird sichergestellt, dass sie immer weiter dem Zeitgeist entspricht und auch junge Talente anspricht. Bei der letzten Überarbeitung kamen Themen dazu wie Digitalisierung. Wir führen die Technik – lassen uns aber nicht von der Technik führen! Wichtig war uns dabei auch, Achtsamkeit im Alltag zu leben.
Frau Kobjoll, Sie sind selbst Mutter. Verraten Sie uns, wie sich Leadership und Karriere mit Kind erfolgreich vereinbaren lassen?
Nicole Kobjoll: Das war streckenweise nicht ganz einfach. Ich habe drei Wochen nach der Geburt wieder voll gearbeitet. Da gab es schon Phasen, in denen ich nicht mehr wusste, wo oben und unten ist. Ich habe damals einen guten Tipp von einem Freund bekommen und Seminare zur Stressreduktion besucht. Das hat mir sehr geholfen.
Gastronomie ist eine Branche, die von der Pandemie hart getroffen wurde. Wie ist es dem Schindlerhof ergangen?
Nicole Kobjoll: Am Anfang war ich – und wir alle im Schindlerhof – in einer Art Schockstarre.
Daraus sind wir dann langsam erwacht – und haben die insgesamt 300 Schließungstage als eine Art Sabbatical genutzt. Dadurch sind viele neue Ideen entstanden, wir waren trotz Lockdown dank unserer Mitarbeiter-App immer mit allen in Kontakt. Wir haben zum Beispiel das Hoteldorf umgestaltet, sodass sich auch Kurzurlauber wohlfühlen. Außerdem haben wir neue Technik-Errungenschaften eingeführt, und ich habe mein Buch „Fucking Leadership“ veröffentlicht. Aber wir sind natürlich unendlich froh und dankbar, dass es wieder bergauf geht!