Interview: Magdalena Kick und Daniel Wickel Bilder: Daniel Zenker
Michael Schmutzer lehnt mit einer Tasse Kaffee in der Küche des vor knapp sieben Jahren ersteigerten Wirtshauses. Warmes Licht, Magazine auf dem Couchtisch, Vintagemöbel: Der Mann hat ein Händchen für stilvolle Einrichtung und Design. Die ersten zwei Jahre war er nur mit Aufräumen und Ausmisten beschäftigt. „Die Macherscheune war ein Geräteschuppen mit Lehmboden und 30 Wagenladungen altem Heu am Dachboden“, und zeigt dabei aus dem Küchenfenster, an das der Regen tropft. Schon immer hatte er Bezug zum ländlichen Raum. Seine Großmutter, gelernte Bäckerin, kauft nach dem Krieg direkt am Berg eine Streuobstwiese, wo er schon als kleiner Junge bei der Ernte hilft. Vor etwa 15 Jahren hat es angefangen, dass seine Freunde mit aufs Land kommen, gemeinsam die Bäume schneiden und frischen Apfelsaft herstellen.
Zusammenarbeit
„Hier ist mein Ort für Ruhe und Kreativität. In der digitalen Welt, wo alles fließt, sehnen sich die Menschen nach Geborgenheit und Entschleunigung“, erzählt Schmutzer, der zum Jahreswechsel bei Design Offices ausgestiegen ist und sich nun neuen Projekten widmet. Er kauft vor einem Jahr im Ortskern von Neuhof an der Zenn den Schwarzen Adler, ein altes Wirtshaus, und geht eine Partnerschaft mit Philipp Schneider vom Hotel Riesengebirge ein. Und so ist Schneider zukünftig Gastgeber der Teilnehmer*innen, die bei Workshops und Seminaren den Hammerhof als Ort der Kommunikation nutzen und nachts im gleichen Ort bleiben möchten. „Deswegen mache ich hier auch viel mit Vintage-Möbeln. Wenn Dinge gebraucht sind, sind Menschen mutiger, sie zu benutzen und anzufassen“, verrät er uns „und auch die Ergebnisse, die hier entstehen, sind besser, inspirierender und verrückter“.
„Viele Ortskerne entwickeln sich eher wie ein Donut statt eines Krapfens – wachsen im Außenbereich und innen passiert nichts,“ gibt Schmutzer zu denken. „Das Ländliche und Landschaftliche mit urbanen Impulsen zu versehen. Das ist das spannende, und diese Welt zu kreieren, das ist die Aufgabe von NEUE HÖFE. Bis zur Corona-Pandemie war immer die Idee zu sagen, durch die Digitalisierung kann der ländliche Raum gewinnen.“ Die Pandemie hat die Themen ländlicher Raum und neues Arbeiten noch beschleunigt. Sein nächstes Projekt im Landkreis steht schon an. Die Macherhöfe sollen den Sharing-Gedanken auch ins Handwerk bringen.
Neue Methoden
Den Sharing-Gedanken hat er seit jeher verfolgt. Kurz nach der Lehman-Pleite 2008 gründet der damals 40-jährige Design Offices aus einem Zufall heraus. Einem Freund gratuliert der Immobilienmakler zu dessen Beförderung und dieser bietet ihm die Chance, ein Konzept zu entwickeln, um deutschlandweit Gewerbeflächen zu vermitteln. „Die meisten Entwickler wollten damals einen 10-Jahres-Vertrag, mit einer Fläche von mindestens 5.000 qm und einer renommierten Anwaltskanzlei als Mieter“, resümiert Michael Schmutzer. Er erfindet ein Produkt, das eine Mischung aus Businesscenter und Conference Center ist. Daraus entsteht später auch seine Design Offices-Methode: Arbeitsraum für fokussiertes Arbeiten, Zusammenarbeit, Lernen und Geselligkeit.
„In den 80ern war für viele Menschen der Arbeitsplatz ein Statussymbol. Eckbüro, Vorzimmer, ansonsten lange Flure mit Gipskartonwänden“, erklärt der Immobilienentwickler die Vorbehalte, die viele Unternehmen dem New Work entgegenbrachten. Doch das neue Arbeiten ist keine Freizeitoptimierung, vielmehr geht es darum, die Spielregeln neu zu definieren. „New Work ist unterteilt in die vier Bereiche Technologisierung im Arbeitsumfeld, People, Space und Culture“, erläutert er. Bis zu seinem Ausstieg im vergangenen Jahr eröffnet er mit Design Offices 40 Standorte, beschäftigt 500 Mitarbeiter und hat am Ende mehr Tagungsräume als die größte Hotelkette Deutschlands.
Ein Ausblick
„Grundsätzlich kann man Dinge nur neu entwickeln, wenn man sich mit den Problemen seiner Kunden beschäftigt. Jeder Mangel ist eine Chance“, erzählt Schmutzer, der kein großer Freund der jetzigen Homeoffice-Kultur ist: „Es ist nicht zumutbar, mehrere Monate mit dem Laptop auf den Knien im Schlafzimmer oder in der Küche zu arbeiten. Es braucht eine Trennung zwischen Arbeiten und Wohnen. Du kommst sonst nicht in den Pausenmodus“, gibt er zu Bedenken.
Sein aktuelles Projekt in der Luitpoldstraße, im Zentrum der Nürnberger Innenstadt, wirkt fast wie ein Zuhause und doch ist es ein Ort des Arbeitens. Im Erdgeschoss hochwertige italienische Gastronomie, New Work Spaces und das neue Clubhaus des Rotonda Businessclubs in den oberen Etagen und eine einladende Dachterrasse. „Quartiersentwicklung findet eigentlich da statt, wo ein starker Umbruch ist“, schmunzelt er, wohlwissend, dass in dem Gebäude früher eine Tabledancebar betrieben wurde.
Beim Ausblick in die Zukunft des New Work lacht er. „Wenn wir in 10 Jahren das geschafft haben, was wir heute glauben es schon zu tun, sind wir ganz weit“ und angesprochen auf weitere Projekte meint Schmutzer: „Vielleicht mache ich mit 70 neu gedachte Senioren-WGs auf.“ Auch hier wäre er wieder ein Pionier.